Das Veranstaltungsformat BarCamp geht über Umwege auf Web-2.0-Erfinder Tim OReilly zurück. 2003 veranstaltete der Internetpionier in Silicon Valley erstmals ein Brainstorming-Wochenende mit Gleichgesinnten. Freier Gedankenaustausch ohne Regeln so lautete seine Vision. Das sogenannte Camp war anfangs auch tatsächlich mit einem gemeinsamen Zelten verbunden.
Andere IT-Experten griffen OReillys Idee auf und starteten 2005 die erste Ad-hoc-Konferenz, an der jeder teilnehmen konnte der Begriff BarCamp war offiziell geboren. Der Name geht auf einen IT-Fachbegriff zurück: Als 'bar' bezeichnet man einen Platzhalter für Dateien, Prozesse o.ä.
Das Format findet inzwischen auch jenseits der IT-Branche seine Anhänger. Abgesehen von den klassischen, themenoffenen BarCamps gibt es mittlerweile auch themenzentrierte Camps wie ArtCamps zu Kunstthemen, LawCamps für Juristen, WineCamps für Weinfreunde, MarketingCamps oder TrainCamps.
Warum BarCamps?
Die Anhänger des innovativen Veranstaltungsformats wollen nicht weniger, als mit all den Mängeln klassischer Konferenzen aufräumen: Referenten, die das Publikum mit einer mehr oder weniger offensichtlichen Werbepräsentationen quälen. Folienschlachten, die am Ende keine Zeit mehr für Fragen aus dem Publikum lassen. Einweg-Kommunikation vom Experten zum Auditorium.
Der wichtigste Unterschied zwischen dem neuen Typ von Tagung und einer traditionellen Konferenz liegt deshalb auch in der Art und Weise, wie die Inhalte festgelegt werden. Denn bei einem Camp gibt es vorab keine Agenda: Alle Teilnehmenden können zugleich auch Referenten sein. Wer meint, über ein interessantes Thema referieren zu können, schreibt einige Stichworte dazu auf. Diese Vorschläge werden häufig vorab im Internet veröffentlicht.
Wie läuft ein BarCamp ab?
Das eigentliche Treffen beginnt damit, dass die Vorschläge verlesen werden und die Teilnehmenden darüber abstimmen, welche dieser Sessions stattfinden sollen. Auf einer Pinnwand werden den verschiedenen Vorträgen Räume zugewiesen.
An solchen Details werden die Prinzipien dieser Veranstaltungsform klar: Menschen gehen hier nicht zu einer Konferenz sie sind die Konferenz. Kommunikation in beide Richtungen lautet die oberste Regel der sonst eher ungeregelten Veranstaltung. Und damit dieses Prinzip von Beginn an von allen beherzigt und verinnerlicht wird, sind alle Erstbesucher eines BarCamps ermutigt, sich mit einem eigenen Thema auch gleich aktiv einzubringen. Von reinen Fragerunden am Ende eines Vortrags wird meist abgesehen; alle Vorträge können jederzeit bei einem Handzeichen aus dem Publikum unterbrochen werden. Mitunter spielt sich die Diskussion minutenlang nur noch im Publikum ab, der Referent zieht sich dann auf die Moderatorenrolle zurück.
Dass die Veranstaltungsform ihre Wurzeln in der IT-Welt hat, zeigt sich an einigen Eigenheiten: Für Vorbereitung und Organisation eines BarCamps werden die logistischen Möglichkeiten des Internets voll ausgeschöpft. Für die Veranstaltung wird häufig eine eigene Internetseite eingerichtet. Außerdem gehört es bei BarCamps dazu, dass einige Teilnehmende die Sessioninhalte mitschreiben und die Zusammenfassungen auf einer vorher festgelegten Plattform hinterlegen. Auch die Vorträge oder zusammengetragene Ideen auf Flipcharts o.ä. per Foto zu dokumentieren wird nicht nur geduldet, sondern begrüßt, sofern alle Teilnehmenden zustimmen. Alles, was dem freien Austausch von Ideen nutzt, findet Unterstützung.
Viele Merkmale des Konferenztyps erinnern nicht von ungefähr an die Open-Space-Methode, die Mitte der 80er Jahre vom US-Amerikaner Harrison Owen entwickelt wurde und auch hierzulande viele Anhänger gefunden hat: keine fixe Tagesordnung, keine vorab festgelegten Redner, offener Austausch, Entscheidungsfreiheit und Selbstverantwortung der Teilnehmer, wo sie wann und wie lange zuhören wollen.
In Sachen Selbstorganisation ist ein Barcamp hingegen noch ein gutes Stück anarchistischer als die Open-Space-Konferenz, die diesem Prinzip zumindest ein Korsett vorgibt. Beispiel: Bei Open-Space-Konferenzen werden die Ergebnisse gemeinsam dokumentiert und verbreitet, die Verfechter der Camp-Idee dagegen vertrauen darauf, dass Blogger im Auditorium die Informationen, sofern sie relevant sind, verbreiten werden.
Das BarCamp für Training, Beratung und Coaching.
Zum TrainCampDie Grundsätze eines BarCamps
- Kurz und knapp: Das Thema eines Vortrags muss sich mit wenigen Worten beschreiben lassen. Der Referent stellt sich mit wenigen Sätzen vor. Sessions dauern meist nicht länger als 45 Minuten.
- Aktive Teilnehmende: Zwischenfragen sind zugelassen; Nachfragen auf das Ende eines Vortrags zu verschieben ist nicht ideal. Reines Zuhören wird vermieden.
- Keine Vermischung von Werbung und Inhalt: Marketing in eigener Sache ist verboten selbst für Sponsoren auf dem Podium.
- Abstimmung mit den Füßen: Bei Desinteresse den Raum zu verlassen ist ausdrücklich erwünscht.
- Teilen: Zuhörende sind angehalten, die Inhalte mitzuschreiben und per Social Media o.ä. zu verbreiten. Sessions per Foto oder Video zu dokumentieren ist erwünscht, sofern das Ergebnis der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird und datenschutzrechtliche Aspekte geklärt sind.
Virtuelle BarCamps als Alternative zu Präsenz-BarCamps
Es hat sich gezeigt, dass BarCamps mit der nötigen Vorbereitung und methodischen Anpassung auch virtuell, etwa über Video-Plattformen wie Zoom, veranstaltet werden können. Die grundlegende Struktur der Veranstaltung bleibt erhalten, einige Details müssen virtuell jedoch angepasst werden. Die Abstimmung über Sessions, die in Präsenz per Handzeichen o.ä. durchgeführt wird, kann online durch Abstimmungstools ersetzt oder gänzlich ausgelassen werden es steht schließlich eine unbegrenzte Anzahl an Räumen zur Verfügung. Ansonsten verlässt sich das Format weiterhin auf die Selbstorganisation der Teilnehmenden: Räume können frei gewechselt werden, jeder darf zu den Sessions beitragen und die Dokumentation der Inhalte ist erwünscht.