Eventexperten sind sich einig: Auch nach Corona werden viele Veranstaltungen weiterhin hybrid stattfinden. Denn dieses Format, das die virtuelle und analoge Welt kombiniert, hat sich bewährt und bietet zahlreiche Vorteile. In der Themenreihe von Seminarmarkt.de beschäftigen sich Ralf Schmit und Melanie Eschle mit den unterschiedlichsten Herausforderungen und Vorteilen hybider Events. Heutiges Thema: Durch Veranstaltungsdramaturgie die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden gewinnen und halten.
Online gelten andere Regeln als offline was es zu beachten gilt
Damit das hybride Event ein Erfolg wird, gilt es einiges zu beachten. Online herrschen zum Teil andere Regeln als bei einer klassischen Präsenzveranstaltung. Das betrifft zum Beispiel die Dauer des Events. Im Netz läuft die Zeit nach anderen Regeln, und es kostet größere Anstrengung, sich für längere Zeit auf eine Sache am Bildschirm zu konzentrieren. Bei der Nutzung von digitalen Medien sind wir es zudem gewohnt, schnelle und passgenaue Informationen zugespielt zu bekommen. Bei Desinteresse bedarf es nur eines Klicks, Scrolls oder Swipes, und wir sind ans andere Ende des World Wide Web gesurft. Alleine vor dem Rechner sitzend ist es für die Teilnehmenden deshalb besonders schwierig, konzentriert beim Thema zu bleiben und sich nicht ablenken zu lassen. Präsenz und Aufmerksamkeit der Zuschauerinnen und Zuschauer bleiben jedoch auch bei hybriden Events einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren.
Für die Dauer eines digitalen Events ist es daher wichtig, eine gute Veranstaltungsdramaturgie zu entwickeln, die den Bedürfnissen des Publikums entgegenkommt. Das bedeutet zum einen: Je länger eine Tagung dauert, desto ausgeglichener müssen sich die inhaltlichen Parts mit unterhaltenden Elementen abwechseln. Zum anderen heißt das für die Dauer der Beiträge: Weniger ist mehr. So sollte ein virtueller Vortrag die Dauer von 8 bis 15 Minuten nicht überschreiten. Außerdem gilt: Je besser die Aufnahmesituation des Redners und die Aufbereitung der Inhalte durch visuelle Unterstützung wie Bilder, Präsentationen oder Videos ist, desto besser werden die Teilnehmenden dem Gesagten folgen können.
Mit Interaktion die Aufmerksamkeit nicht nur wecken, sondern auch halten
Fast schon ein Garant für die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden ist Interaktion. Sie benötigen deshalb viele Möglichkeiten, sich selbst während des Events aktiv miteinzubringen. Je mehr Austauschmöglichkeiten geschaffen werden, desto größer wird die Interaktivität des gesamten Events. Damit steigt auch automatisch das persönliche Involvement gegenüber der Veranstaltung und die Aufmerksamkeit kann leichter über einen längeren Zeitraum gehalten werden.
Es gibt bereits eine Vielzahl an digitalen Tools, die es auch bei großen Gruppen ermöglichen, die Teilnehmenden individuell zu aktivieren. Dazu gehört zum einen die simple Chatfunktion, die bei vielen Streamingdienstleistern bereits im Paket mit angeboten wird. Dort können zum Beispiel während eines Vortrags Fragen gestellt und Kommentare geschrieben werden, auf die der Moderator oder die Moderatorin direkt reagieren und somit gezielt das Publikum miteinbeziehen kann.
Zum anderen stehen Abfrage-Tools zur Verfügung, die es als individualisierbares Modul ermöglichen, Stimmungsabfragen in Echtzeit zu stellen. Alles, was die Zuschauerinnen und Zuschauer dazu brauchen, ist ein Smartphone, mit dem sie sich an den Erhebungen beteiligen können. Diese Abfragen können in der Moderation eingesetzt werden, um ein verbindendes Element zwischen unterschiedlichen Zuschauergruppen zu schaffen, und sorgen durch ihre Echtzeitauswertung dafür, dass die Teilnehmenden sofort das Ergebnis ihrer Partizipation sehen können.
Abwechslung ins Spiel bringen
Darüber hinaus können Inhalte der Veranstaltung gamifiziert werden, z.B. mit einem Online-Quiz. Das Ziel kann etwa sein, die vorausgegangenen Vorträge noch einmal zu rekapitulieren. Gleichzeitig wird der Ehrgeiz der Teilnehmenden geweckt, wenn beispielsweise unterschiedliche Standorte oder auch zufällig entstandene Gruppen gegeneinander antreten.
Solche spielerischen Elemente bringen Abwechslung in die Veranstaltung und geben den Teilnehmenden die Gelegenheit, sich neben den inhaltlich anspruchsvollen Programmpunkten, bei denen sie sich stark konzentrieren müssen, auch mal zu entspannen. Diese eher der Unterhaltung dienenden Elemente haben im besten Fall noch einen Infotainment-Charakter vermitteln also Wissen auf lleichte Art und Weise.
Eine gute Zusammenfassung eines inhaltlichen Beitrages kann Graphic Recording leisten. Besonders charmant wird es, wenn die Zeichnungen auf einem digitalen Event nicht auf dem Tablet erstellt werden, sondern analog gezeichnet und mit Post-its, Pappschablonen und Co. angereichert werden. So werden Inhalte kreativ und einprägsam zusammengefasst und die Teilnehmenden staunen nicht schlecht ob der künstlerischen Fähigkeiten der Zeichnerin oder des Zeichners. Eine ähnlich gut funktionierende Alternative kann die Zusammenfassung via Poetry Slam sein, bei der ein Künstler oder eine Künstlerin die Beträge ad hoc in kleine Gedichte und Texte verwandelt.
Diese eher ungewöhnlichen Varianten der Zusammenfassung sorgen für einen Überraschungseffekt womit ein weiterer, sicherer Garant für Aufmerksamkeit erfüllt wird. Überraschungen funktionieren auch bei Online-Veranstaltungen und locken das Publikum aus der Reserve. Andere verblüffende Elemente können zum Beispiel kleine Einlagen sein wie ein Sofakonzert, eine Beatbox-Performance oder ein artistischer Beitrag, die in die Live-Schaltung integriert werden.
Eine Herausforderung: Online Gemeinschaftsgefühl entstehen lassen
Was ebenfalls eine willkommene Überraschung für die Teilnehmenden sein kann: eine außergewöhnliche Pause. Statt die Zuschauer mit einem schnöden Wir sehen uns in x Minuten hier wieder ... in die Pause zu verabschieden, können virtuelle Räume zur Verfügung gestellt werden, in denen sich die Teilnehmenden im Videochat begegnen und so netzwerken können. Das ist für viele neu und außergewöhnlich, macht Spaß und kommt gleichzeitig dem Bedürfnis der Teilnehmenden nach Kontakt untereinander entgegen.
Ein Gemeinschaftsgefühl kann auch entstehen, indem der Veranstalter den Teilnehmenden vorab haptisch ein Paket zukommen lässt. Darin kann beispielsweise ein kleiner Tagungssnack verschickt werden oder Postkarten mit lustigen Gesprächseinstiegen für den virtuellen Austausch. Der Kreativität sind hier fast keine Grenzen gesetzt. Gerade diese Kombination von virtueller und analoger Welt macht den besonderen Reiz eines hybriden Events aus. Ein weiterer Pluspunkt solcher haptischen Materialien: Die Teilnehmenden fühlen sich wertgeschätzt, das Event wirkt mit Liebe zum Detail geplant.
Ralf Schmitt ist Geschäftsführer der Veranstaltungsagentur Impulspiloten GmbH, Hamburg. Er moderiert seit über 20 Jahren Firmen Events, tritt als Keynote Speaker zum Thema Flexibles Mindset auf und hat mehrere Bücher zu diesen Themen veröffentlicht. Kontakt: www.impulspiloten.de
Melanie Eschle ist Kulturwissenschaftlerin und mit ihrem Unternehmen ElbKultur im Bereich Marketing, PR und Social Media selbstständig tätig. Sie ist Autorin des Buches: Brand Lands als Erlebniswelten. Kontakt: www.impulspiloten.de
Weitere Beiträge aus der Themenreihe beschäftigen sich mit:
Start der Themenreihe: Veranstaltungen für das New Normal
Vorteile hybrider Events
Das Wir-Gefühl bei hybriden Events
Auch hybride Events brauchen eine Location
Die Technik hinter hybriden Events
Hybride Events: Speaker zuschalten